World Cinema:

 

Bab'Aziz - der Tanz des Windes

"Cover"Ishtar ist jung und voller Lebensfreude. Gemeinsam mit ihrem Großvater Bab’Aziz zieht das junge Mädchen durch die Wüste zu einem Derwisch-Treffen, das nur alle 30 Jahre stattfindet. Auf ihrem Weg begegnen den beiden die unterschiedlichsten Menschen, die ihnen ihre Geschichten erzählen. Unter ihnen ist ein Prinz, der bereit ist, sein Reich aufzugeben, um Derwisch zu werden …

Der Geschichtenerzähler öffnet das Tor zur Fantasie. Wie einen Teppich aus Sand oder Steinen breitet er seine Erzählung aus. Ähnlich vielen kleinen Bächen, die sich allmählich zu einem breiten Fluss vereinen, beginnen sich seine Geschichten zu verstricken und zu verdichten. Und während man diesen lauscht, weiß man nicht mehr, ob man in die Zeit zurückgeht oder aus ihr zurückkehrt.
Ich frage mich heute, ob das Märchen in meiner Kindheit nicht gleichzeitig die Nabelschnur war, die mich mit meiner Mutter und mit meiner Familie verband, und das Werkzeug, das uns – sowohl sichtbar aus auch unsichtbar – wie Tonfiguren formte. Durch die zärtliche weibliche Stimme plätscherte munter ein reichhaltiges Wissen über Raum und Zeit in unsere durstigen Seelen. Wir lernten Nuancen und Schattierungen von Gefühlen und Wesen kennen: von der Zuneigung bis zur Angst, von der Anwesenheit bis zur Abwesenheit. Mit der Schulzeit kam der erste Einschnitt, zumal die von Ordnung und Abstraktion geprägte Schrift Vorrang vor der unbeschwerten und freieren Mündlichkeit hatte.
- Nacer Khemir

 

 

7 Tage in Havanna

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Episodenfilm, in dem sieben renommierte Regisseure aus unterschiedlichen Ländern ihren persönlichen Blick auf das vibrierende Havanna präsentieren. 7 TAGE IN HAVANNA ist eine faszinierende Momentaufnahme dieser pulsierenden Stadt an 7 Tagen. Die 7 bekannten Regisseure Benicio del Toro, Pablo Trapero, Julio Medem, Elia Suleiman, Gaspar Noé, Juan Carlos Tabío und Laurent Cantet entführen den Zuschauer mit ihren lebendigen Geschichten in das Abenteuer Havanna. In 7 TAGE IN HAVANNA lebt der unnachahmliche Rhythmus dieser Stadt auf, die leise Melancholie, das Rauschen des nahen Meeres, die Musik und der Tanz, die stets durch die romantisch verfallenen Gassen schwingen und diese Sehnsuchtsmomente in 7 packenden Episoden vereinen. Episodenfilme wie PARIS JE T’AIME oder NEW YORK I LOVE YOU haben zuletzt mit ihrer Mischung aus hochkarätigen Regisseuren und spannenden Einblicken in die beliebten Städte das Publikum begeistert. 7 TAGE IN HAVANNA feierte letztes Jahr bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes die Weltpremiere in der Sektion „Un Certain Regard“. Während der Schauspieler Benicio del Toro sein Leinwanddebüt als Kinoregisseur gibt, spielt Deutschlands Schauspiel-Export Daniel Brühl in Julio Medems Episode mit. Auch Regisseur Emir Kusturica gibt sich die Ehre – jedoch nicht hinter, sondern vor der Kamera, er spielt wunderbar selbstironisch sich selbst als trinkfreudigen Regisseur, der auf das hiesige Filmfestival eingeladen wurde.

 

 

 

Pieta

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Mit brachialer Gewalt treibt LEE Kang-do für einen Geldverleiher Schulden ein. Säumige Schuldner, welche die horrenden Wucherzinsen nicht zahlen können, macht er gnadenlos zu Krüppeln, um die Unfallversicherungssumme zu kassieren. Eines Tages begegnet dieser Unmensch einer Frau, die behauptet, sie sei seine Mutter. Anfangs weist der alleinstehende, mutterlos aufgewachsene junge Mann die geheimnisvolle Fremde schroff ab. Als er sie vergewaltigen will, wehrt sie sich weinend. Nach der Inzest-Attacke beginnt Kang-do ihr zu glauben, sie zieht bei ihm ein und bemuttert ihn. Die Fürsorge löst eine Art Läuterungsprozess beim Mann aus, er gibt seine brutale Tätigkeit auf. Als die Frau plötzlich verschwindet, denkt Kang-do, sie wäre von einem seiner früheren Misshandlungsopfer aus Rache entführt worden. Beim verzweifelten Rettungsversuch macht Kang-do eine schockierende Entdeckung.

 

 

 

Himizu - Dein Schicksal ist vorbestimmt

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Sion Sono („Guilty of Romance“, „Love Exposure“), einer der provokativsten Regisseure Japans, adaptierte mit HIMIZU einen populären Manga. Sein düsterer Blick auf die sich im kollektiven Trauma befindliche Gesellschaft im Post-Katastrophen-Japan trifft den Zuschauer wie ein Schlag in die Magengrube. Mal zärtliche Lovestory und dann wieder tragische Apokalypse. Kurzum: HIMIZU ist eine Wucht. Eine radikalpolitische, zornige Oper über Liebe und Gewalt inklusive visueller Verbeugung vor Klassikern wie „Taxi Driver“ und „Die durch die Hölle gehen“. Essenzielles und bahnbrechendes Kino!

Tokio nach der Tsunami-Katastrophe: Der 14-jährige Yuichi (Shota Sometani) wird von seinen Eltern vernachlässigt. Der gewalttätige Vater, die betrunkenen Obdachlosen, die teilnahmslose Mutter, der oberflächliche Lehrer – ihr Verhalten führt ihn in tiefe Depression und Perspektivlosigkeit. Den Bootsverleih der Familie fast alleine führend, ist Yuichi körperlich und seelisch angeschlagen. Trotzdem wird er von seiner Mitschülerin Keiko (Fumi Nikaido) fanatisch verehrt. Als der alkoholsüchtige Vater (Ken Mitsuishi) sich extrem verschuldet, hat Yuichi zu allem Überfluss auch noch den Gangster Kaneko (Denden) gegen sich. Er versucht, Keikos Liebe zu erwidern, aber auch die ihn umgebende Leere mit zunehmenden Gewaltausbrüchen zu kompensieren. Eine dramatische Coming-of-Age-Story beginnt …

 

 

Huhn mit Pflaumen

"Cover" Der große Violinist Nasser-Ali Khan (Mathieu Amalric) ist untröstlich, sein geliebtes Instrument ist zerstört. Doch ein Leben ohne die Musik ist für ihn kaum vorstellbar. Er begibt sich auf die Spuren seiner bewegten Vergangenheit, um das große Geheimnis zu lüften, das die Liebe und die Musik vereint.

Nach dem autobiografischen Werk „Persepolis“ legen Marjane Satrapi und Vincent Paronnaud mit HUHN MIT PFLAUMEN ein poetisches Märchen über die Kraft der Fantasie und das Wesen aller Kunst vor. In spielerischem Gestus – und nicht ohne Hintersinn – erzählen sie von einer großen Liebe, die keine Erfüllung findet, aber durch die Kunst lebendig bleibt und Einzug in die Herzen anderer Menschen hält. Ein Bilderreigen voll träumerischer Schönheit, in dem neben zarter Melancholie und mildem Sarkasmus hintergründiger Humor und eine burleske Fantasie zauberhafte Blüten treiben.

 

 

Sin Nombre

"Cover" Gewalt gehört zum Alltag von Casper: Als Mitglied der brutalen Gang Mara Salvatrucha führt er ein Leben auf der Überholspur – Abbremsen unmöglich. Als sich die Ereignisse überschlagen, trifft Casper eine folgenschwere Entscheidung und flieht aus den Fängen der Gang. Auch Sayra sehnt sich nach einer besseren Zukunft und kehrt ihrer Heimat den Rücken. Das Schicksal führt sie mit Casper in dem Moment zusammen, in dem er sich entscheidet, Sayra zu retten und dafür sein eigenes Leben zu riskieren. Gemeinsam stürzen sich die beiden in ein gefährliches Abenteuer. Mutig steht Sayra Casper auf der Flucht vor der Mara zur Seite, während sie durch die mexikanische Landschaft der Hoffnung auf ein neues Leben entgegenfahren …
Sin Nombre ist eine Reise mitten in die Schattenwelt Mexikos. Ein packender Thriller mit furiosen Bildern, ein Gangster-Movie und zugleich eine berührende Love Story über zwei junge Menschen, deren Wege sich schicksalhaft kreuzen und die im jeweils anderen eine verwandte Seele erkennen. Zugleich ist Sin Nombre ein berührendes Plädoyer für Menschlichkeit, persönliche Freiheit und Liebe. Cary Joji Fukunaga schafft es, eine Poesie in die Welt der Gestrandeten zu legen, die den Zuschauer berührt, bewegt und emotionalisiert. Aufsehen erregte Sin Nombre bereits auf diversen internationalen Festivals und avancierte dort zum absoluten Publikumsliebling mit Kultpotenzial, auch bei Kritikern und Juroren.

 

 

District 9

"Cover" Vor über 20 Jahren nahmen Ausserirdische das erste Mal Kontakt mit der Erde auf. Daraufhin rechneten die Menschen mit einem feindlichen Angriff oder einem gigantischen technologischen Fortschritt. Die Kreaturen waren aber lediglich Flüchtlinge ihres Heimatplaneten und wurden aus diesem Grund vorübergehend in einem Notauffanglager interniert ? im DISTRICT 9. Nach Jahren ergebnisloser Verhandlungen über die Zukunft der Ausserirdischen haben die Nationen der Welt ein privates Unternehmen, die Multi-National United (MNU), mit der Überwachung der ungeliebten Besucher beauftragt. Der Konzern verfolgt jedoch nur ein Ziel: Mit den mächtigen Waffen der Aliens Profit zu machen. Zur Aktivierung der Waffen benötigt man jedoch Alien-DNA. Als sich der MNU-Agent Wikus van der Merwe mit einem mysteriösen Virus infiziert, das seine DNA verändert, wird er zum meistgesuchten und gleichzeitig verletzlichsten Mann der Erde, für den es nur einen Ort gibt, um sich zu verstecken: DISTRICT 9.

 

 

Same Same But Different

"Cover" Ben und sein Freund Ed sind zwei abenteuerlustige Studenten auf einer Rundreise durch Asien. Eines Nachts landen sie im Drogenrausch in einem Club in Phnom Penh, im „Heart of Darkness“, wo Ben von einem hübschen Bargirl angesprochen wird. Er nimmt sie mit zu sich und sie verbringen die Nacht miteinander. Doch am nächsten Morgen stellt sich heraus, dass das Mädchen, Sreykeo, eine Prostituierte ist, die sich in dem Moment nicht sicher ist, ob sie von ihm Geld für den Beischlaf verlangen soll. Er bezahlt sie und sie leiht sich sein Hemd aus. Als sie ihm das gewaschene Hemd unerwartet wieder zurückbringt, beginnen beide die Zeit miteinander zu verbringen. Gegen den Rat seines Freundes beschließt Ben sogar noch etwas länger zu bleiben und bei ihr und ihrer Familie im sogenannten „La Building“, einem heruntergekommenen Wohnblock, zu wohnen. Als Ben nach Deutschland zurückkehrt, beginnen sie eine Fernbeziehung zu führen, bis Sreykeo wegen ihres ständigen Hustens zum Arzt geht und die schreckliche Diagnose erhält: HIV-positiv. Diese Nachricht bringt die Beziehung ins Straucheln und zieht Ben in die Verantwortung, für sie zu sorgen und für die Beschaffung von Medikamenten für seine Freundin vor Ort zu kämpfen.
Das alles gestaltet sich – wie bei Buck üblich – erfreulich unspektakulär, aber doch sehr einfühlsam und charmant. Bezeichnend hierfür sind etwa die Frontalaufnahmen der Darsteller in Momenten, in denen sie nicht wissen, wie sie handeln sollen und konsterniert Richtung Kamera blicken. Wodurch dieser kleine, sympathische Film besticht sind die durchweg überzeugenden Schauspieler und Bucks sehr sensible Inszenierung, die die Emotionen der Figuren in stimmungsvollen Bildern einfängt und nur sehr selten in überzogene Melodramatik und Klischees abdriftet.

 

 

Die Band von nebenan

"Cover"Einst, vor nicht allzu langer Zeit, landete eine kleine ägyptische Polizeikapelle in Israel. Sie waren gekommen, um bei der Eröffnung eines arabischen Kulturzentrums aufzuspielen. Doch Bürokratie, Pech oder einfach nur dumme Zufälle ließen sie bereits am Flughafen stranden. Sie versuchten, sich auf eigene Faust durchzuschlagen, um sich schließlich in einem gottverlassenen Nest mitten in der israelischen Wüste wiederzufinden. Eine verlorene Kapelle an einem verlorenen Ort... Und da es in dem trostlosen Städtchen auch kein Hotel gibt, muss die schüchterne Truppe private Quartiere für die Nacht finden. Ganz unvorhergesehen kommen sich Ägypten und Israel durch dieses dumme Missgeschick sehr nah.

Viele Filme wurden gemacht, um der wirklich wichtigen Frage nachzugehen, warum es keinen Frieden gibt. Mein Eindruck ist, dass es sehr viel weniger Filme darüber gibt, warum wir eigentlich Frieden so dringend brauchen. Das Naheliegende ist inmitten der Verhandlungen um ökonomische Interessen und Vorteile schlicht übersehen worden. Irgendwann wird es so sein (wenn es nicht schon so ist), dass sich mein Sohn und der Sohn meines Nachbarn in einer hell erleuchteten Mall unter einem riesigen McDonald’s-Zeichen verabreden. Mag sein, dass man daran einen Fortschritt, auch einen gewissen Komfort ablesen kann, aber sicher ist auch, dass uns auf dem Weg dorthin etwas verloren gegangen sein wird. Wir haben Liebe gegen One-Night-Stands eingetauscht, Kunst gegen Kommerz und den Kontakt zwischen Menschen gegen Debatten um das Problem, wie groß das Stück sein wird, das wir uns vom ganz großen Kuchen sichern können.
– Eran Kolirin

 

 

Birdwatchers

"Cover"Im brasilianischen Mato Grosso do Sul hüten die reichen und gelangweilten Fazendeiros ihre Plantagen, während die Ureinwohner im Reservat gepfercht eine Existenz in bitterer Armut und ohne Zukunft fristen. Der Selbstmord zweier Jugendlicher löst eine Revolte aus. Bildintensiv und in atmosphärischer Dichte erzählt das Drama im brasilianischen Regenwald vom Kampf der Indianer um ihren Lebensraum, ihre Rechte und ihre Würde. Für die Touristen sind die Guarani-Kaiowa-Indianer bei „Birdwatching-Touren“ ein beliebtes Fotomotiv: nur mit Lendenschurz bekleidet und pittoresk Pfeil und Bogen in den Händen stehen sie am Ufer des Flusses und mimen gegen ein paar Pesos den edlen Wilden. Neben der harten Feldarbeit ist dies ihre einzige Verdienstmöglichkeit. Im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso do Sul machen weiße Großgrundbesitzer durch den Anbau von genveränderten Pflanzen Profit, während die von ihrem Land vertriebenen Ureinwohner in den Reservaten ein menschenunwürdiges Dasein fristen. Nach dem Selbstmord zweier Jugendlicher entscheidet der Stammesführer, den zugewiesenen Platz zu verlassen und sich an den Stätten der Ahnen niederzulassen. Nur: Die gehören den Weißen. Zwar können die jetzigen Besitzer rechtlich wenig gegen die Eindringlinge ausrichten, aber es gibt auch andere Methoden wie den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Zermürbungstaktik oder zuletzt tödliche Gewalt. Größte Authentizität erreicht Bechis durch Indigenas als Hauptakteure, die in ihrer Sprache sprechen. Ohne ideologische Polemik, aber mit viel Poesie geht der opulent fotografierte Film der Zerstörung von Lebensform und Lebensinhalt nach. Wenn die Kamera über einen dichten grünen Wald fährt, dann über ein Feld mit rotbrauner Erde und einem vereinzelten Baum, ahnt man das verlorene Paradies.
Auch für seine fünfte Regiearbeit kehrt Marco Bechis, Sohn einer chilenischen Mutter und eines italienischen Vaters, nach Südamerika zurück und erzählt die Geschichte zweier parallel nebeneinander existierender Welten – wohlhabende Plantagen-Besitzer auf der einen, arme Indianer auf der anderen Seite – und lässt es zum Clash kommen.

 

 

Lemon Tree

"Cover"An einem Zitronenhain entzündet sich parabelhaft der Konflikt zwischen Israel und Palästina: eine beklemmende, leise und ergreifende Elegie zweier Frauen auf verschiedenen Seiten des Grenzzauns.

Die palästinensische Witwe Salma geht vor Gericht, um ihren Zitronenhain vor der Abholzung zu retten. Er gilt den Israelis – im Speziellen dem israelischen Verteidigungsminister, ihrem neuen Nachbarn auf der anderen Seite der Grenze – als Sicherheitsrisiko. Während die israelische wie auch die palästinensische Männerwelt Salma knebeln will, hat Mira, die Frau des Verteidigungsministers, Verständnis für sie.

 

 

Love Exposure

"Cover"Ein Kirchturm ragt schräg in den Himmel. Im Gotteshaus flackern die Kerzen. An den Wänden tanzen bedrohliche Schatten. Yus Mama liegt im Sterben. Als Trost schenkt sie ihrem Sohn eine blütenweiße Madonnenstatue. Die soll ihm als Halt dienen, bis er seine eigene Maria gefunden hat. Dann schwillt der Choral an. Die Mutter stirbt. Der Vater verzweifelt, lässt sich zum Priester weihen und versteht den Sohn nicht mehr. Yu, nun Teenager, soll dem Papa Sünden beichten. Doch Yu sündigt nicht. In seiner Verzweiflung denkt er sich Sünden aus – bis er zum echten Sünder wird, seine Leidenschaft fürs Fotografieren entdeckt. Sein Motiv sind die Höschen junger Mädchen. Von nun an zählt nur noch der voyeuristische Blick, ab sofort ertönt nonstop Ravels „Bolero“.
Wilde Haken schlägt Sonos Plot, kaum glaubt man ihm auf der Spur zu sein, findet schon wieder eine Richtungsänderung statt. Tarantino und Abel Ferrara lassen grüßen, Takeshi Kitano und natürlich auch der japanische B-König Seijun Suzuki. Der Eastern trifft den Western, Katholizismus und Kung Fu gehen eine unheilige Allianz ein. Fontänenweise spritzt das Blut, eine Dauererektion plagt Yu, unschuldig lächelt die Gottesmutter, und Fundamentalisten streben danach, Familienbande zu zerstören. Splatter und lilienweiße Unschuld harmonieren vorzüglich. Die Liebe wird, der Titel verrät‘s, zur Schau gestellt, bloßgestellt in all ihren Arten und Variationen – von keusch bis krank, von rein bis rabiat. Und dass das alles zusammengeht, dass nie ein Moment der Langeweile aufkommt, das ist das Verdienst des Regisseurs, der alle Regeln gebrochen und doch alles richtig gemacht hat.
Love Exposure eröffnete in diesem Jahr die Sektion Internationales Forum des jungen Films auf der Berlinale mit einem Donnerschlag: Wie von Forumsleiter Christoph Terhechte angekündigt, erwies sich das vierstündige Liebesdrama als „kurzweiligster Film der Berlinale“, als augenöffnendes Filmerlebnis, dem sich keiner entziehen mochte. Der überraschende Kritiker- und Publikumsliebling wurde dafür gleich mit zwei Preisen geehrt, dem Caligari- und Fipresci-Preis der Sektion Internationales Forum.

 

 

Waltz with Bashir

"Cover"Eines Nachts in einer Bar erzählt ein alter Freund dem Regisseur Ari von einem immer wiederkehrenden Alptraum, in dem er von 26 dämonischen Hunden gejagt wird. Jede Nacht, immer genau 26 Bestien. Die beiden Männer kommen zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zu ihrem Einsatz im ersten Libanonkrieg bestehen muss. Ari ist überrascht, denn er hat jegliche Erinnerung an diese Zeit verloren. Verstört macht er sich auf, Freunde und Kameraden von damals zu besuchen. Er muss die Wahrheit über jene Zeit und über sich selbst herausfinden. Je tiefer Ari in seine Vergangenheit eindringt, desto klarer werden seine Gedanken, und die verdrängten Erlebnisse erscheinen in surrealen Bildern.

Basierend auf realen Interviews und Ereignissen, ist Waltz With Bashir der erste animierte Dokumentarfilm in Spielfilmlänge. Regisseur, Autor und Produzent Ari Folman hat die Reise in seine Vergangenheit – eine Reise in die Jugendkultur der 80er Jahre und das West-Beirut während des ersten Libanonkrieges – auf fantastische und packende Art visualisiert.

 

 

Die Reise des chinesischen Trommlers

"Cover" Sid ist ein junger wilder Sprössling einer mächtigen Unterwelt-Legende in Hongkong. Obwohl ihm sein Vater nicht besonders am Herzen liegt, ist er ihm in seiner Wildheit und Aufsäßigkeit doch ähnlich. Doch treibt es Sid mit der Wildheit etwas zu weit, als er sich mit der Freundin des zwielichtigen Stephen Ma einlässt. Stephen erwischt die beiden und will seine Ehre wiederherstellen: für den Verrat soll Sid beide Hände verlieren. Kwan, Sids Vater, verfrachtet seinen Sohn in die Berge Taiwans. Fernab von seinem Leben in Hongkong verbringt der flüchtige Sid einige sehr unruhige und nervöse Tage im Exil. Eines Morgens jedoch weckt ihn das entfernte Geräusch einer Trommel – hoch oben in den Bergen. Sid beschließt, dem Geräusch nachzugehen, und macht sich auf, den Berg zu ersteigen. Auf dem Gipfel stößt er auf eine Gruppe chinesischer Zen-Trommler, die in Aussehen und Lebensweise an Shaolin-Mönche erinnern. Jenseits vom Komfort und Luxus des modernen Lebens leben sie hier als Einsiedler – nur der Liebe zu ihrer Kunst und der Hingabe an ihren Beruf verpflichtet. Der einmalige Stil ihrer Performance, eine Kombination aus traditionellem chinesischen Trommeln, Martial Arts und moderner Bühnen-Performance, erregt das Interesse des jungen Mannes, und er verlangt, der Gruppe beitreten zu können. Er taucht ein in die Welt der Zen-Trommler, in ihre hypnotisierende Kunst, ihr diszipliniertes Körper-Training und ihre entsagende Lebensweise – bis sie Sid schließlich vollkommen verwandelt. Die Gruppe geht auf eine Welt-Tournee, und Hongkong soll die erste Station sein. Sid wird mit seiner alten Lebenswelt konfrontiert und muss eine Entscheidung treffen: zwischen der Loyalität zu seiner Familie und der Treue zu sich selbst.

 

 

Caramel

"Cover"Tragikomödie um fünf lebenslustige Freundinnen im Libanon Sie treffen sich regelmäßig in einem Schönheitssalons, um sich über ihr Leben und die Liebe auszutauschen. Der Laden, betrieben von der schönen Layale, bildet den farbenfrohen, sinnlichen Mikrokosmos der Stadt. Zwischen Haarschnitten und Kosmetikbehandlungen vertrauen sich die fünf Frauen ihre verborgensten Wünsche und tiefsten Geheimnisse an. Layale liebt einen verheirateten Mann und bemerkt gar nicht, dass sie einen Verehrer hat, der alles für sie tun würde. Nisrine wird demnächst heiraten, aber sie ist schon lange keine Jungfrau mehr. Rima verliebt sich in einen Kunden des Schönheitssalons und Jamale hat furchtbare Angst vor dem Älterwerden. Hin- und hergerissen zwischen der Tradition des Ostens und der Moderne des Westens, versuchen die fünf Frauen auf ihre Weise, ihr Lebensglück zu verwirklichen. In ihrem Kinodebüt erzählt die libanesische Regisseurin Nadine Labaki von fünf ganz unterschiedlichen Frauen, die sich alle an einem amourösen Wendepunkt ihres Lebens befinden. Hin- und her gerissen zwischen Romantik, Verantwortung, Tradition und Moderne, Christentum und Islam, Familie und eigener Zukunft, versuchen sie, ihre Träume zu verwirklichen. In sanften Farben skizziert Labaki ihre Welt, mit viel Schwung und Humor erzählt sie ihre kunstvoll ineinander verwobenen Geschichten über die Frauen und ihren Alltag im Beirut von heute.

 

 

Drachenläufer

"Cover"In der Hauptstadt Kabul wachsen Amir, der ängstliche Sohn eines hoch geachteten, Mullah-kritischen Afghanen, und Hassan, der mutige Nachwuchs des Hausdieners, gemeinsam auf. Trotz der Klassen- und Charakterunterschiede sind die beiden beste Freunde, die beim jährlichen Wettbewerb im Drachenfliegen triumphieren. Doch die Jahre der Unschuld enden abrupt und tragisch, als Hassan in einer Gasse der Stadt vergewaltigt wird und Amir dies beobachtet, aber aus Angst nicht eingreift. Seine Scham macht ihn zum Intriganten, beendet die Freundschaft, begleitet ihn auch nach dem Einmarsch der Roten Armee, als ihm sein Vater auf der Flucht nach Pakistan – später weiter in die USA – Zivilcourage demonstriert. Die Chance, sich selbst vergeben zu können, eröffnet sich Amir viele Jahre später. Ein Anruf führt ihn zurück in die Vergangenheit und schließlich in Afghanistan in die Konfrontation mit den Taliban.

 

 

Der Mongole

"Cover"Dschingis Khan, der legendäre und gefürchtete Herrscher, ist hier „der Mongole“, der Anfang des 13. Jahrhunderts als Eroberer Asien in Schrecken versetzte. Aber kein überdimensionaler Held im ständigen Schlachtengetümmel, sondern ein Mensch, der erst einmal die Hölle auf Erden durchlebt. Als Neunjähriger soll Temudgin, wie er heißt, eine Braut aus dem Clan der Markit auswählen, um die Zukunft seiner Sippe zu sichern. Auf dem Weg ins Dorf trifft er auf einen kleineren Clan, und die zehnjährige Borte überzeugt ihn mit großer Schlagfertigkeit, die richtige Frau für ihn zu sein. Eine Liebe, die ihn sein Leben lang begleitet.

Doch dann muss er mit ansehen, wie sein Vater von Feinden vergiftet wird, der eigene Clan ohne den Stammesfürsten zerbricht und der neue Anführer ihm mit dem Tode droht. Er flieht und wird wieder eingefangen und wie ein Sklave gehalten, kaum hat er sich befreit, landet er bald wieder in Ketten. Nach Jahren des Leidens winkt friedliches Eheglück mit Borte, ihre Entführung durch seinen Widersacher beschwört neues Unglück herauf. Den wechselhaften Aufstieg vom gepeinigten Opfer zum Krieger und Mythos Dschingis Khan, der die Mongolen vereint, inszeniert der russische Regisseur Sergei Bodrow mit dem Japaner Tadanobu Asano in der Hauptrolle als bildgewaltiges Epos in den unendlichen Weiten der Steppe.

 

 

Tuya's Hochzeit

"Cover" Tuya ist die schöne und standhafte Ehefrau von Bater, einem Hirten, der beide Beine verlor, als er auf der Suche nach Wasser in den weiten Steppen der Inneren Mongolei unterwegs war. So muss Tuya nun allein für Bater und ihre zwei Kinder sorgen. Die harte Arbeit setzt ihr merklich zu, bis sie eines Tages krank wird. Angesichts der ernsten Lage beschließt das Paar, sich scheiden zu lassen, damit Tuya jemanden suchen kann, der ihr hilft, die Familie zu versorgen. Die Anwärter sind zahlreich, doch keiner möchte sich um Bater kümmern, so wie Tuya es fordert. Auf ihrer Suche nach einem neuen Ehemann begegnet die selbstbewusste und sturköpfige, aber ebenso sanfte und sensible Tuya Freiern, die reich, aber unehrlich, liebenswert, aber schüchtern sind… Schließlich trifft sie ihre Wahl und ihr neuer Mann lässt Bater in ein Pflegeheim in die Stadt überweisen. Doch Bater verzweifelt immer mehr an seiner Sehnsucht nach Tuya und den Kindern und zwingt Tuya abermals zum Handeln.

 

 

"Filme, die mit einer ungewöhnlichen Ästhetik überraschen, die starke Geschichten erzählen und ein authentisches Bild ihrer kulturellen Herkunft vermitteln" - World Cinema Fund
Sehenswerte Filme aus Lateinamerika, Afrika sowie Naher und Mittlerer Osten und Asien.